Jetzt bin ich also auf Skyros. Der nächste Halt soll dann Karystos sein, ganz im Süden von Euböa, wo ich einen Seglerfreund treffen möchte. Dazu müssen aber zwei Dinge passen: Der Wind nämlich, der je weiter man nach Süden vorankommt unangenehm stark werden kann, und der Platz im Hafen. Beide Bedingen sind erste wieder am kommenden Montag erfüllt, weshalb ich noch ein paar Tage hier bleiben muß. Aber es gibt wirklich unangenehmere Orte als Skyros im Sommer.

Beim Mopedverleih im Hafen mache ich mir für den nächsten Tag einen fahrbaren Untersatz klar. Georgios der Verleiher empfiehlt mir wortreich, mich vom teilweise militärisch gesperrten Süden der Insel fernzuhalten. Gut, denke ich mir, das wird der erste Ort wo ich hinfahren werde.
Also aus dem Hafen raus und Richtung Süden. Skyros, wie viele Inseln mit einer Hauptwindrichtung, hat zwei ganz unterschiedliche klimatische Zonen. Hier ist es der Süden, der trocken, fast wüstenhaft ist. Karge Felsenlandschaften, keine Bäume, nur kniehohe Dornen und Gestrüpp, das unter dem Verbiss der allgegenwärtigen Ziegen seltsame Formen annimmt.

Die Straße windet sich in die Berge hinauf

und immer karger wird es. Plötzlich ist Schluss, militärisches Sperrgebiet wird angezeigt. Ich muss umdrehen, nicht aber ohne zuvor noch einen schönen Blick auf das Meer zu bekommen.

Der heiße Wind pfeift ohne Pause über die Hügel, auf dem Boden Dornen und wilder Thymian.

Wild ist es, abweisend, aber auch schön und beeindruckend.
Meine Fahrt geht jetzt weiter in den Nordteil der Insel. Zuerst noch am Grab des englischen Poeten Ruppert Brooke vorbei. An einem Mückenstich, der sich zur Sepsis entwickelt hat, ist er an Bord eines Lazarettschiffs auf dem Weg nach Gallipoli 1915 gestorben. Genau jenes Gallipoli, das im gleichen Jahr zum Schauplatz der gleichnamigen Seeschlacht mit geschätzt 100.000 toten Soldaten werden sollte, deren Ergebnis ich vor vier Wochen auf den Soldatenfriedhöfen von Limnos besichtigen durfte, treue Leser mögen sich erinnern.

Auf dem Marmorgrab von Brooke sind die ersten Zeilen seines berühmt gewordenen Gedichts „soldier“ eingraviert, dessen Pathos vor dem Bild der endlosen Grabreihen junger australischer Männer nur schwer erträglich ist. Weg damit, brauchen wir nicht, wollen wir nicht.
Auf dem Weg nach Norden komme ich an einer weiteren Berühmtheit der Insel vorbei: Den Pferdchen von Skyros. Dabei handelt es ich um eine uralte, autochthone Pferderasse, die es ursprünglich nur in Skyros gab. Angepasst an die kargen Verhältnisse auf der Insel werden sie nur knapp über einem Meter im Stockmass hoch und sind nach Aussage der Pferdepflegerin, mit der ich gesprochen habe, sanft, ausdauernd und sehr genügsam. Müssen sie wohl auch sein, wenn ich mir die Insel so anschaue.

Und dann ändert sich die Landschaft plötzlich dramatisch. Im Norden erscheinen plötzlich Nadelwälder

und grün trifft auf blau wie man es von Skopelos her kennt.

Im Abendlicht bekomme ich dann noch einen Blick auf und in die Chora, dem Hauptdorf der Insel.

Haus ist an Haus an den Berg unter der Festung gedrückt, ein klassisches griechisches Idyll. Im Dorf selbst regiert jetzt im Sommer das Leben und der Tourismus,

und auch ich sage nicht nein zur Fava, dem lauwarmen Erbspüree. Wie geht’s mir gut.

Übrigens: Jedesmal, wenn die einzige Fähre aus Kymi hier ankommt – und das ist etwa 2 mal am Tag der Fall – ist das den Skyroten eine ordentliche Begrüßung wert. Ton einschalten!
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