Panama in Griechenland

Um die Mittagszeit herum mache ich mich von meinem Ankerplatz in Eretria auf in Richtung Chalkida. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen gilt es immer gut auf die Karte zu schauen: Ausgedehnte Untiefen bieten zahlreiche Möglichkeiten für einen ungeplanten Landaufenthalt!

Der Schlag ist kurz, nur etwa 12 Seemeilen weit. Bereits einige Seemeilen vor Chalkida ist das Fahrwasser betonnt: Rote und grüne Bojen markieren den Weg zur Stadt, der sich durch die vorgelagerten Buchten hindurchschlängelt.

Industrie prägt jetzt das Landschaftsbild, Zement und Werften.

Und dann erscheint die neue Brücke von Chalkida oder Chalkis, wie die Stadt früher mal auf griechisch hieß. Seit 1993 gibt es diese zweite, moderne Straßenverbindung zwischen dem griechischen Festland und der Insel Euböa. Bei einer lichten Höhe von 36 Metern passe ich zweimal unten durch.

Ganz anders ist das mit der ersten, alten Brücke, die es immer noch gibt, und die direkt im Stadtzentrum von Chalkida steht. Nur 40 Meter lang überspannt sie die engste Stelle zwischen Fest,and und Insel und ist dabei nur wenige Meter hoch. Alle sechs Stunden ändert die Meeresströmung unter der Brücke ihre Richtung und erreicht dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 7 Knoten – ein Tideneffekt, den man so im Mittelmeer nicht noch einmal findet.

Um den Schiffsverkehr durchlassen zu können ist sie als Zugbrücke ausgeführt. Jede Nacht wird sie für die Schifffahrt geöffnet, und natürlich muß auch ich hier durch, kein anderer Weg führt von hier nach Küssnacht – nach Nord meine ich natürlich.

Die Prozedur ist einfach wenn man weiß wie es geht. Von Süden kommend lege ich im Handelshafen direkt neben dem Gebührenbüro an.

Die Dame nimmt meine Papiere in Empfang, errechnet die Gebühr für die Passage und trägt mich in die Liste der heute Nacht passierenden Schiffe ein. Ich darf noch eine halbe Stunde am der Kaimauer liegen um mich im nächsten Supermarkt mit Proviant zu versorgen. Dann muß ich in die Südbucht gleich gegenüber verholen, dort vor Anker gehen und mit den übrigen Booten warten bis das Spektakel losgeht.

Ab 21:30 Uhr muß ich den Funkverkehr auf Kanal 12 abhören, hier soll sich die Hafenmeisterei zur Koordination der Passage melden. Jedes Schiff würde namentlich aufgerufen und zur einzeln zur Passage aufgerufen, erklärt man mir.

Um halb zehn startet dann tatsächlich der Funkverkehr: Aufgeregte Kapitäne die nicht verstanden haben, daß man zuerst bezahlen muß lassen sich die Prozedur nochmal erklären. Dann: Nichts mehr. Fragen nach der erwarteten Passagezeit belieben unbeantwortet.

Erst um sage und schreibe 2 Uhr in der Früh geht es los. Der Hafenmeister ruft Schiff um Schiff namentlich auf, kündigt an, dass es bald los geht und bittet die Kapitäne sich bereits zu machen. Rundherum gehen die Lichter auf den Booten an, Motore werden gestartet, Ankerketten rasseln. Dann wird das erste Berufsschiff aufgerufen, das auch als Erstes die Engstelle mit der inzwischen eingezogenen Brücke passiert. Dann das zweite Berufsschiff. Und dann funkt der Hafenmeister, dass sich der ganze Rest der Flotte bitteschön selbstständig auf die Durchfahrt machen soll, also nichts von wegen persönlichem Aufruf! Irgendwie reiht sich nun also ein Boot selbstorganisiert hinter das nächste, und so tuckert die Armada – es sind bestimmt um die 20 Boote – im Gänsemarsch durch die beleuchtete Engstelle. Strömung merke ich keine, man scheint Stauwasser abgewartet zu haben.

Auf der Nordseite gibt es direkt in der Stadt vor den Restaurants einen Anleger, den ich für den Rest der Nacht mitgebucht habe. Um drei Uhr früh habe ich das Boot festgemacht und schalte den Motor aus, es ist windstill. Das war’s.

Jetzt geht’s in die Heia. Morgen früh werde ich vor meiner Weiterfahrt noch Wasser bunkern können, ich liege direkt an der Zapfsäule, das ist prima. Und dann geht’s weiter nach nordwärts.


Comments

One response to “Panama in Griechenland”

  1. Barbara Huber Avatar
    Barbara Huber

    Was Du alles erlebst. Das ist einfach wunderbar und wie umsichtig und vorausschauend. Hab großen Respekt. Die Fotos und das Video sind auch so schön, und natürlich der Text dazu. Bin total begeistert und trinke jetzt ein Gläschen auf Dein Wohl. Grüße

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